XXXVII - WWTID

(*WhatWouldTheInternetDo)

7 bis 37, dieses Mal also mit Vorlauf. Vor 10 Jahren habe ich das Internet anlässlich meines Geburtstags mal um Ratschläge gebeten. Um Perspektive und Erfahrungen, um Gelerntes und Erlebtes. Damals bekam ich viele Antworten, großzügige und kluge, alberne und pragmatische Hinweise auf vielen Kanälen.

Viel ist in der Zwischenzeit passiert. Unter anderem ist mir die Blog-Datenbank einmal abgeraucht und das Backup der Kommentare ist so groß, dass ich es nie geschafft habe, sie wieder einzuspielen. Ich bin, wenn man es wörtlich nehmen bin, ratlos. So kann man seine dreißiger natürlich nicht zu Ende spielen und womöglich gewappnet in die 40 starten, wo soll das denn enden?

Ein bisschen bin ich auch eine andere als vor einer Dekade. Auf eine Art wieder die, die ich ganz ursprünglich mal war. Eher radikal und kompromisslos, eher laut und zu direkt als gezähmt und zivilisiert.

Etliches ausprobiert, meist gescheitert, immer gelernt. Gelernt vor allem zu Fragen, die, die es besser wissen könnten, es vielleicht schon erlebt haben oder einfach klüger sind als ich. Auch gelernt, um Hilfe zu bitten, wo es geht, wo ich überhaupt verstehe, dass ich Hilfe brauche. Wusste ich vor 10 Jahren ja auch nicht, dass ich bestimmte Dinge nicht mehr lernen werde, weil mein Hirn in seiner Basis-Konfiguration schon so anders ist, dass Manches sich mir nicht erschließt. Es gab mal eine Studie, da hat man verblüfft herausgefunden, dass autistische Menschen sowohl allein als auch unter Beobachtung ihre eigene Moral und Ethik gleich anwenden. Weil etwas richtig oder gerecht ist, unabhängig davon, ob man dafür beurteilt wird. Neurotypische Menschen waren in der Studie aber anders und haben sich signifikant besser verhalten, wenn sie unter Beobachtung standen. Das Fazit von der Studie war, dass neurodiverse Menschen offensichtlich Schwierigkeiten haben, ihre Vorstellungen an die restliche Gesellschaft anzpassen, weil sie immer versuchen ihre Version von richtigem Verhalten durchzusetzen.

Daran muss ich oft denken. Meine Windmühlen sind immer noch da. Ich erkenne sie jetzt oft als solche und verstehe, warum ich allein darauf zureite, weil der Rest klug genug ist, es zu lassen - aber darum nichts tun kann ich halt auch nicht.

Darum vielleicht eines vorneweg: Mir zu raten vernünftiger oder strategisch klüger zu werden, das ist womöglich nett gemeint, aber eher nutzlos. Aber alles, was mehr Freude bringt, mehr Freiheit schafft, mehr Einklang mit sich selbst - dafür wäre ich wirklich dankbar.

Apropos Dankbar: Die letzten 10 Jahre, mit allen Abenteuern, Diagnosen, Verlusten, Pandemien und anderen Unwegbarkeiten wäre ohne euch verpeiltes Internet-Volk niemals so gut aushaltbar gewesen.

So here's to you, fellow crazies. Und jetzt lasst ihr mir bitte ein Sprüchlein fürs Poesiealbum da. (Oder das beste Kuchenrezept, den wichtigsten Cocktail oder das Buch, das ich unbedingt noch lesen muss.)